Im Wandel der Arbeitswelt kommt die Arbeitsform der Rufbereitschaft und ständigen Erreichbarkeit in den verschiedensten Branchen immer häufiger zum Einsatz. Rufbereitschaft wird dabei nach dem Arbeitszeitgesetz (ArbZG) klar zur Ruhezeit gezählt, während es für die Erreichbarkeit außerhalb der Arbeitszeiten keine gesetzlichen Regelungen gibt.
Innerhalb eines jeden Betriebes wird damit dementsprechend individuell umgegangen, sodass Erreichbarkeit als selbstverständlicher Zusatz angesehen wird oder auch als Überstunden bezahlt werden. Die Frage dahinter jedoch ist, welche Auswirkungen diese ständige Erreichbarkeit auf unsere Gesundheit nehmen kann und welche Maßnahmen dementsprechend getroffen werden müssten.
Studien zu dieser Thematik sind immer häufiger und beschreiben unterschiedliche Auswirkungen von Rufbereitschaft und ständiger Erreichbarkeit auf zahlreiche Bereiche des Lebens und sowohl der psychischen als auch physischen Gesundheit.
Besonders wichtig darunter sind die Auswirkungen auf den Schlaf der Erreichbaren. So fanden Heponiemi et al. (2014) einen signifikanten Zusammenhang zwischen ständiger Erreichbarkeit und Schlafproblemen bei finnischen Ärzten, was zudem zu niedrigerer Arbeitszufriedenheit und geminderter Fähigkeit zu arbeiten führte. Weiterhin griffen sie auf, dass das Nachholen dieser Schlafdefizite in folgenden Nächten nicht möglich war.
In einer Studie von Ziebertz et al. (2017) fanden sie zudem heraus, dass Studenten in einer simulierten Rufbereitschaft im Vergleich zu einer normalen Nacht das Gefühl hatten, sich deutlich weniger erholt zu fühlen. Zudem berichteten sie von deutlich mehr Wachphasen und einer längeren Einschlafphase. Allgemein empfanden sie die Schlafqualität als deutlich schlechter und hatten mehr Schlafprobleme trotz der Tatsache, dass sie während der simulierten Rufbereitschaft kein einziges Mal angerufen wurden.
Ein weiterer wichtiger Bereich ist die Work-Life-Balance oder auch die Work-Life-Domain, die dieses Konzept noch ein wenig erweitert. Dazu fanden Schieman und Young (2013), dass ständige Erreichbarkeit mit dem Empfinden der eingeschränkten Freizeit zusammenhängt. So konnten auch Hassler und Rau (2016) zeigen, dass ungefähr die Hälfte der Erreichbaren ihrer Stichprobe sich unter der Woche in ihrer Freizeit eingeschränkt fühlten und 28% sogar am Wochenende, während satte 17% auch in ihren eigentlichen Urlaubszeiten von solch einem Empfinden berichteten. Und dies, obwohl sie allgemein eher gerne erreichbar seien und die Erreichbarkeit nicht als belastend empfanden.
Genauso berichteten die Probanden bei Hassler und Rau (2016) davon, weniger für ihre Partner und Kinder sowie für Aufgaben im Haushalt verfügbar zu sein. Genauso berichteten auch die Partner davon, mehr Aufgaben des Erreichbaren übernehmen zu müssen. Generell fand Rout (1996) in Bezug auf Rufbereitschaft auch schon, dass diese Arbeitsbedingungen sich nicht nur auf das Stressempfinden des Arbeitenden, sondern auch auf das ihrer Partner auswirkt.
Wenn man all diese und weitere Auswirkungen von ständiger Erreichbarkeit und Rufbereitschaft betrachtet, kommt die Frage nach möglichen Maßnahmen und Interventionsmöglichkeiten auf, die wir in einem hierauf folgenden Artikel weiter bearbeiten wollen.
Quellen:
Bamberg, E. & Dettmers, J. (2012). Effects of On-Call Work on Well-Being: Results of a Daily Survey. Applied Psychology: Health and Well-Being, doi:10.1111/j.1758-0854.2012.01075.x.
Hassler, M., Rau, R., Hupfeld, J., Paridon, H., Schuchart, U. (2016). Auswirkungen von ständiger Erreichbarkeit und Präventationsmöglichkeiten, Teil 2: Eine wissenschaftliche Untersuchung zu potenziellen Folgen für Erholung und Gesundheit und Gestaltungsvorschläge für Unternehmen. Dresden: Zukunft der Arbeit GmbH (iga.report 23)
Heponiemi, T., Puttonen, S., Elovainio, M. (2014). On-call work and physicians‘ well-being: testing the potential mediators. Occupational Medicine, doi: 10.1093/occmed/kqu036.
Rout, U. (1996). Stress among general practitioners and their spouses: a qualitative study. British Journal of General Practice, 46, 157-160.
Schieman, S. & Young, M. C. (2013). Are communications about work outside regular working hours associated with work-to-family conflict, psychological distress and sleep problems?. Work & Stress, Vol. 27, No.3, 244-261.
Ziebertz, C. M., Beckers, D. G. J., van Hooff, M. L. M., Kompier, M. A. J. & Geurts, S. A. E. (2017). The effect on sleep of being on-call: an experimental field study. Journal of Sleep Research, 26, 809-815. doi: 10.1111/jsr.12519.